Sie sind schnell, sehr schnell. Die Rede ist von den Hörnerschlitten, die beim traditionellen Schalenggen-Rennen in Pfronten-Kappel eingesetzt werden. Bis zu 100 Stundenkilometer schnell sausen die wagemutigen Sportler ins Tal. Klar ist dabei nur eines: Irgendwie ins Ziel gelangen. Ob man meterweit über eine Sprungschanze fliegt, unterwegs schieben muss oder ob man nur mit Teilen des Schlittens in den Händen durch das Ziel rennt, ist egal. Wichtig ist der Spaß und den haben nicht nur die Sportler und Sportlerinnen sondern auch die Zuschauer. Wer viel Glück hat, kommt beim Hornschlittenrennen mit einer rot gefrorenen Nase und einem Bauch-Muskelkater vom vielen Lachen nach Hause und zuvor auch ins Ziel. Mitmachen kann in Pfronten jeder – auch „Preiß´n“, wie die Allgäuer sagen. Mit ein paar blauen Flecken, vielleicht auch einer Prellung muss gerechnet werden.
Ein kleines Dorf mit langer Tradition, so könnte man in vieler Hinsicht Pfronten-Kappel nennen. Die Kappeler waren damals die ersten im Allgäu, die Ihre alten Schalenggen wieder aus der Scheune holten. Ein paar Männer verabredeten sich am Faschingsdienstag 1976, um mit Ihrer Hornschlitten die alte Bahn herunter zu fahren.
Da es eine riesige Gaudi war, und alles gut klappte, beschloss man fürs nächste Jahr ein richtiges Rennen zu organisieren und dies dann am Faschingssamstag durchzuführen. Zu diesem „1. Allgäuer Schalengg´e Rennen“ in Pfronten Kappel am 19.2.1977 hatten sich schon 73 Starter gemeldet. Die Teilnehmerzahl stieg schnell an, im Jahr 1978 waren es 128 und 1981 waren es 277 Anmeldungen. Im Jahr 1982 wurde der Verein gegründet. Die Strecke wurde seit dem ersten Rennen etwas verkürzt. Die Organisation und die Dauer des gesamten Rennens über die ganze „Orginal-Strecke“ hätte sonst jeglichen Rahmen gesprengt.
Bis heute sind immer noch nur Original Hornschlitten in der überlieferten Form zugelassen, es sind auch keine Hilfsmittel wie Bremsen oder Lenkhilfen erlaubt. Es fahren jedes Jahr einige „Original Schalenggar“ beladen mit Heu und Brennholz wie anno dazumal den Berg hinunter. 200 Männer und Frauen treffen sich jedes Jahr am Faschingssamstag, um bei diesem traditionellen Spektakel mitzumachen. Sie fahren mit ihren Hörnerschlitten im halsbrecherischen Tempo den Hang herab. Ob nun als erster oder letzter, das ist nicht wichtig, schließlich gilt es bei dieser „Gaudi“ dabei zu sein und seinen Spaß zu haben. Heuer fällt der Faschingssamstag auf den 13. Februar 2010. und das Rennen wird um 12 Uhr offiziell eröffnet.
Gefahren wird in alter Kleidung oder maskiert, allen voran der Prominentenschlitten, in dem auch der Pfarrer oder Bürgermeister Platz nehmen. Verlierer gibt es bei diesem Rennen nicht. Jeder erhält eine Urkunde und ein Bild als Erinnerungsgeschenk.
Dieses Jahr galt es, auf der 900 Meter langen Strecke, die Zeit von Siegfried Erhart und Klaus Luger aus dem Vorjahr von 1:14,27 Min., was damals den 35. Platz erbrachte, zu schlagen. Mit am Start waren dieses mal mit Frank Kindermann und Franz Heiugl zwei absolute Neulinge und diese legten mit der Starnummer 7 gleich eine fulminante Abfahrtzeit von 1.09,39 Min. vor; Und das obwohl sie einmal grandios in den Schnee beißen mussten, diese tolle Zeit brachte ihnen am Ende den 54 Platz ein.
Als nächste waren Raphaela Wörle und Petra Erhart mit der Nummer 35 am Start. Was würden sie wohl erreichen, da sie in der Damen Klasse immer schon vorne mit fuhren? Auch sie legten mit 1:06,79 Min. eine Top Zeit und obendrein eine fehlerfrei Fahrt hin. In der Damen Klasse bedeute dieses Ergebnis am Ende den zweiten Platz, Ihr bisher bestes Ergebnis.
Kurz danach waren mit der Startnummer 41 Günther Schuler und Thomas Heiß dran. Sie hatten sich viel vorgenommen. Thomas schob wie ein wilder an und bremste dann nach 25 Meter auch schon wieder während Günther alle Hände voll damit zu tun hatte den mächtigen Hornschlitten in der „Spur“ zuhalten. – Die erste (90 Grad-) Kurve war geschafft, jetzt ein Sprung und gleichzeitig dem Schalengge die neue Richtung geben. Puh das war knapp. Nach diesem Sprung konnten sie den Schlitten gerade noch in der Bahn halten, währen am hinteren Ende ein (Unwichtiges-) Stück vom abbrach. Jetzt kam das „Schuss-Stück“, bloß keinen Fehler machen. – Geschafft, jetzt folgten die letzten Hindernisse, eine links-rechts Kurve, ein kleiner Sprung und die leicht seitlich abfallende Zielgerade. Doch was war das? In der Kurvenpassage touchierten sie etwas die Schneebarriere, wurden langsamer, kamen fast zum stehen. Wieder verstrichen, wie schon oben, wichtige Sekunden. Aber es ging noch einmal gut. Das Zielstück jetzt durfte nichts mehr geschehen und bremsen war verboten, wollte man noch etwas reisen. Was folgte was das Warten auf die Zeit. 0:56,88 Min. So schnell waren sie noch nie. Wie weit würde es reichen? Für die Beiden am Ende ein absolut gigantischer 16. Platz und das bei 169 Starter.
Bald darauf folgten mit der Startnummer 58 Hubert Ammann und Peter Feldmeier. Im Ziel wurden sie schon von Raphaela, Petra, Frank, Franz, Günther und Thomas erwartet. Aber was war das? Erst kam lange kein Hornschlitten und dann plötzlich die Startnummer 59 dann 60 usw. Was war geschehen? Irgendwann kam dann plötzlich Peter mit einem Teil seines Schalengge, nämlich dem rechten Kufenstück ins Ziel gelaufen. Wenigstens gab es somit noch eine Wertung. Denn wer wenigstens mit einem Teil seines Schlittens (der zu Bruch gegangen ist) ins Ziel kommt der wird gewertet. Aber was war nun geschehen? Die beiden bekamen die erste Kurve (immerhin 90 Grad scharf) nicht und donnerten pfeilgerade in die Bretterwand, das überlebte der Schlitten nicht und zerschellte daran. Gut nur das den Beiden nichts geschehen ist. Am Ende konnten beide allerdings etwas erreichen was bisher noch kein Menkinger erreicht hatte. – Einen Pokal – Mit einer Zeit von 14:12,54 Min. wurden sie Letzter und bekamen immerhin den Trostpokal.
Was aber würden nun noch Siegfried Erhart und Klaus Luger mit der Startnummer 124 erreichen? Alle Menkinger Starter sowie Zuschauer waren gespannt. Und die Zwei legten eine absolut saubere Fahrt und Zeit hin, es sah alles ganz danach aus als ob sie schneller als Günther und Thomas sein sollten. Doch dann kam die „S-Kurve“ und – oh nein sie touchierten die Bretterwand und stürzten in die Schneebarriere. Wichtige Sekunden verrannen. Jetzt schnell den Schlitten wieder flott gemacht und die Fahrt noch zu einem guten Abschluss bringen. – Die Enttäuschung war groß 1:13,56 Min. dies bedeutete am Ende den 70. Platz.
Am Abend wurden jedoch ausgiebig die insgesamt hervorragenden Leistungen und Platzierungen gefeiert und die Ziele fürs nächste Jahr, dann zum 27. Kappelar Schalenggenrennen am Faschingssamstag ausgegeben. Es gilt die Zeit von Günther und Thomas zu unterbieten, natürlich gilt das auch für die beiden selbst.
Startliste (PDF-Dokument)