Allkampf-Jitsu - Der Weg ist das Ziel

Autor: Ulrich Geißler
6. Dan Allkampf-Jitsu

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Notwehr setzt zunächst einen Angriff voraus. Dies versteht sich von selbst und leuchtet ein. Natürlich muß sich ein Angriff nicht unbedingt immer auf den Körper eines Menschen beziehen; der Angriff kann gegen jedes Rechtsgut erfolgen. Der sich der Aktentasche bemächtigende Dieb begeht einen Angriff auf das Eigentum. Hiergegen ist Notwehr zulässig. Beschimpfungen sind ein Angriff auf die Ehre. Sogar die sogenannte Intimsphäre ist nach höchstrichterlicher Entscheidung wehrfähig. Wer sich an eine Parkbank heranschleicht, um das Liebesgeflüster eines Pärchens zu belauschen, nimmt einen Angriff auf die Intimsphäre vor. Auch hier besteht grundsätzlich Notwehrrecht. Der Lauscher kann - auch mit etwas Nachdruck - zum Weitergehen bewegt werden.
Diese Entscheidung zeigt nebenbei ganz deutlich, daß von niemandem erwartet wird, sich einem Angriff zu entziehen oder nachzugeben, wenn dies auch noch so einfach wäre. Unserem Pärchen wäre es ein Leichtes, von sich aus weiterzugehen oder eine andere Bank zu suchen. Die Mehrzahl wird diesen Weg sicher wählen, aber hierzu besteht ausdrücklich keine Verpflichtung. Es wird von niemandem erwartet, daß er sich eines Angriffs durch Flucht entzieht, denn Flucht hat allgemein den Beigeschmack der Feigheit oder Unehrenhaftigkeit. Versucht dennoch danach zu handeln - „Der Klügere gibt nach“.

Der Angriff muß gegenwärtig sein. Dies ist wörtlich zu verstehen. Der Angriff muß unmittelbar stattfinden. Es darf keineswegs zurückliegen. Die Grenze ist sogar sehr scharf zu ziehen. Jemand, der einen anderen plötzlich und überraschend schlägt und sich danach sofort wieder rein passiv verhält, begeht zu dem Zeitpunkt, wo der andere sich von der Überraschung erholt und zurückschlagen will, keinen gegenwärtigen Angriff mehr. Das klingt vielleicht unbefriedigend, ist aber nur konsequent.
Andererseits ist der Angriff des Diebes, der mit der gestohlenen Tasche davonläuft, solange gegenwärtig, wie er sich nicht endgültig in Sicherheit bringt. Der Bestohlene darf ihm also nachsetzen und ihm die Tasche gewaltsam wieder abnehmen.

Der Angriff muß rechtswidrig sein. Ein rechtmäßiger Angriff berechtigt niemals zur Notwehr. Unser Dieb, dem die gestohlene Tasche unter Gewaltanwendung wieder entrissen wird, hat seinerseits kein Notwehrrecht, da er nicht Zielscheibe eines rechtswidrigen Angriffs ist. Der Gesetzesbrecher darf sich bei der Verhaftung durch die Polizei nicht wehren. Der Friseur, der die Haare stutzt oder der Zahnarzt, der den kranken Zahn zieht, begehen beide eine Körperverletzung im Sinne des Gesetzes. Ihr Angriff ist aber rechtmäßig, denn jeder, der sich freiwillig auf den Behandlungsstuhl setzt, gibt zu verstehen, daß er in die Verletzung einwilligt, ja sie sogar wünscht.
Ebenso ist es im Sport. Der Karatekämper im Freikampf willigt im allgemeinen von vornherein darin ein, von seinem Gegner gelegentlich getroffen zu werden. Diese gegenseitigen Angriffe unterliegen gegenseitigem Einverständnis und sind nicht rechtswidrig. Diese Einwilligung umfaßt natürlich nur die Grenzen des sportlich-fairen Kampfes. Etwas anderes gilt, wenn ein Partner plötzlich aus irgendwelchen Gründen Ernst macht und darauf aus ist, den anderen niederzuschlagen. Hier werden Angriffe rechtswidrig.

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